Außenlandung der spektakuläreren Art

Außenlandungen sind beim Überlandfliegen eine ganz normale Sache. Sie kommen immer wieder einmal vor. Dank der Ausbildung im Verein bekommt man die Werkzeuge an die Hand, dass im „Ernstfall" die Handgriffe sitzen.

Außerdem helfen natürlich Gespräche mit den „alten Hasen", die schon dutzende Landungen auf Wiesen, Äckern und Feldern hinter sich haben. Ich habe daraus für mich die folgenden drei Grundregeln abgeleitet:

  1. Rechtzeitig die Landeoptionen sondieren und sich auf eine Landung vorbereiten
  2. Früh genug zur Landung entscheiden
  3. Saubere Landeeinteilung durchführen

Damit bin ich immer gut gefahren. Vor zwei Wochen aber habe ich mich nicht an alle meine Regeln gehalten. Prompt landete ich, statt auf einem Flugplatz, in einem Rapsfeld daneben. Wie kam es dazu?

Der 7. Juli ist wieder einer dieser heißen Tage ohne einem einzigen Wölkchen am Himmel. Der Flieger ist mit 80l Wasser betankt. Ich bin der letzte am F-Schlepp-Start und froh, als es endlich los geht. Es ist fast unerträglich heiß im Cockpit. Zuvor hatte ich einige im Westen kreisen sehen, aber es schien alles sehr zäh.

Ich ließ mich bis auf 1.000m schleppen, um genügend Zeit zur Suche zu haben. Im Funk kam der Tipp: „Halte dich gar nicht erst am Platz auf, sondern gleite gleich bis Oberems durch, da steht ein guter Aufwind". Und genau da, fing die Theorie der „Käsescheiben" an zu wirken (Anm.: Legt man mehrere löchrige Käsescheiben übereinander, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man durch alle durchsehen kann, gering, aber es kommt in selten Fällen vor. Analog: Wenn alles zusammenspielt, kommt es zu unerwarteten Vorkommnissen).

Normalerweise teste ich immer erst einmal die Thermik am Platz, richte mir alles für den nun folgenden Streckenflug her und bringe Ruhe ins System. Dabei überlege ich mir, wie ich als nächstes vorgehen will. In diesem Fall habe ich das nicht gemacht, sondern bin tatsächlich bis Oberems geglitten. Dass ich dabei nirgends Steigen hatte, war mir zunächst einmal egal, denn gleich sollte ja gutes Steigen kommen und ich hatte ausreichen Höhen um ggf. zurück zu fliegen.

Leider war, anders als noch vor einer halben Stunde, niemand mehr am Kreisen, der mir den Aufwind hätte zeigen können. Dazu kommt, dass ich nur selten diese Abflugroute wähle. Aber eigentlich „findet man ja immer was", die anderen kamen ja auch weiter.

Schleichend, aber stetig baute ich weitere Höhe ab und die ersten internen Warnmeldungen machten sich bemerkbar – eine innere Unruhe. Daher fragte ich mal nach, wo genau denn der Aufwind gewesen sei. „Der war am westlichen Ende. Du kannst aber auch einfach weiter gleiten und fällst dann eh in den nächsten Aufwind". Das habe ich dann tatsächlich kurzfristig getan. Und schon war ich durch Käsescheibe zwei und drei.

Dann meldete sich aber endlich wieder das Streckenflieger Gen: „Bist du eigentlich bescheuert? Du verlässt eine sichere Landemöglichkeit (Flugplatz Oberems) um, ohne Not, ins Ungewisse zu fliegen! Also wieder zurück. Ich fliege eine Hangkante ab, ohne kontinuierliches Steigen zu finden. Endlich lasse ich das Wasser ab, was ich aber schon früher hätte tun sollen (noch eine Käsescheibe). So etwa am westlichen Platzende glaube ich etwas gefunden zu haben und kreise ein. Tatsächlich geht es auch zunächst mit 2m/s hoch, um aber kurz darauf wieder zu fallen. Alles nur eine Frage des Zentrierens? Nun ja, ich habe ja heute noch was vor, verlagere den Kreis und es scheint zunächst besser zu werden. Aber das ist nur von kurzer Dauer. Außerdem sind es diese unangenehmen Kreise, wo die Fahrt ständig variiert. Immerhin beachte ich dabei meine Regel Nr. 1 und überprüfe alternative Landemöglichkeiten, obwohl ich noch davon ausgehe, dass ich natürlich auf dem Flugplatz landen werde, falls das nötig werden sollte. Allerdings war ich, so kurz nach meinen Start in Anspach, geistig noch so überhaupt nicht auf eine Landung eingestellt.

Mir wird das Kreisen jetzt zu unangenehm. Zwar liegt der Platz noch um einiges tiefer, aber das Waldstück unter mir ist einfach zu nah. Also ringe ich mich schweren Herzens zu einer Landung auf dem Flugplatz durch und gehe in den Gegenanflug über. Nur schnell über eine Senke und ein Rapsfeld, dann auf Höhe eines Umspannwerkes nach links in den Queranflug und landen. Wie sich dann aber herausstellt, war das schon nun Käsescheibe fünf, da ich mich zu spät zur Landung entschieden hatte und somit gegen meine Regel Nr. 2 verstieß. Der relative starke Ostwind erzeugt ein veritables Lee. Der Hang vor mir, über den ich kurz zuvor noch drüber gekommen wäre, baut sich vor mir auf. Nun wird auf einmal ein Strommast zu meiner Linken wichtig, den ich bis dato ignoriert hatte. Ist der vielleicht mit dem Umspannwerk rechts oberhalb verbunden? Ich kann es nicht sicher ausschließen. Wenn er es wäre, lägen die Leitungen direkt in meinem Anflug.

Das war nun Käsescheiben sechs. Die einzig sichere Variante, die aus meiner Sicht jetzt noch bleibt ist, Höhe abzubauen und unter den möglichen Leitungen direkt geradeaus zu landen. Meine Regel Nr. 1, die ich ja befolgt hatte, hilft mir nun dabei. Direkt vor mir liegt zunächst eine Senke. Diese ist durch einen Weg umrahmt und daran anschließend ist ein ansteigendes Rapsfeld. Also Fahrwerk und Klappen raus, Höhe abbauen, Geschwindigkeit anpassen. Ich will nicht mitten im Feld landen, da man von dort den Flieger kaum noch heraus bekommt. Also ziele ich auf den Anfang des Feldes, bzw. den Weg.

Was nun folgt ist wahrscheinlich mit einer Flugzeugträgerlandung mit Fangseil vergleichbar. Laut Loggerschrieb habe ich noch etwa 80km/h drauf. Ein wenig Überfahrt wollte ich in das ansteigende Gelände mitnehmen. Diese sind allerdings auf etwa zwei Metern abgebaut. Die Verzögerung ist rabiat, hat aber den Vorteil, dass das Flugzeug nicht gedreht wird. Auch werden alle Teile (Rumpf und Flügel) gleichzeitig und gleich stark gebremst, sodass es keine Schäden an den tragenden Teilen gibt.

Die Geräusche, die dabei entstehen, liefern aber zunächst einen anderen Eindruck. Nach der Landung muss ich mich erst einmal sortieren. Alles, bis auf meine Sonnenbrille ist noch an seinem Platz. Die Verknieung des Fahrwerks hat sich gelöst und das Fahrwerk sich eingeklappt. Ich ahne also schon, wie das Rumpfboot aussehen wird. Aber erst einmal steige ich aus und schaue mir den Flieger an. Überall grüne Blätter und Striemen. Sämtliche Ruder schauen gut aus, die Flügelnasen ebenfalls.

Ich gehe davon aus, dass man am Flugplatz meine Landung gesehen hat. Also funke ich dort mal an und sagen ihnen, dass mit mir alles OK sei, aber es schön wäre, wenn sie einen oder zwei Helfer schicken können. Ich will den Flieger wieder aufs Rad stellen und mir die Unterseite ansehen. Kurz darauf kommen auch zwei Kameraden angefahren. Der eine ist Arzt und will sich davon überzeugen, dass meine Wirbelsäule keinen Knacks bekommen hat. Ist aber alles OK. Danach stellen wir den Flieger wieder auf die Beine. Am Rumpfboot die üblichen braunen Riefen, aber auf den ersten Blick kein größerer Schaden.

Danach rufe ich am Platz an. Zu meinem Glück finden sich mit Gerd und Dirk sofort zwei Rückholer, die sich auf den Weg machen. Es wird eine spannende Partie. Der Weg hat keine Wendemöglichkeit und zur Talseite hin geht es relativ steil runter. Nachdem wir den Hänger abgehängt haben, muss Dirk mit seinem Auto irgendwie auf die andere Seite. Halb fahrend, halb rutschend schafft er es den Abhang hinunter. Den Hänger bekommen wir nur etwa 90 Grad gedreht, dann stoppt ihn der Raps. Also muss auch er ein wenig den Steilhang hinunter. Als alles platziert ist, rüsten wir den Flieger ab. Da wir die Flächen zu dritt hangabwärts tragen müssen, wird der Rumpf auf die Seite gelegt, bevor auch er eingeladen wird.

In Anspach angekommen sind es dann Bettina und Christian, die mir bei der Säuberungsaktion helfen. Glücklicherweise war der Raps noch nicht reif. Die obligatorische „Öldusche" blieb mir erspart. So ging es doch recht zügig. Ralf war auch schnell zur Stelle, um gründlich nach Schäden zu suchen. Leider waren ein paar Reparaturen nötig, die inzwischen aber erfolgreich durchgeführt wurden.

Fazit
Außenlandungen passieren und sind ein normaler Bestandteil des Streckenfliegens. Um sie möglichst sicher zu gestalten, muss man wenige, simple Regeln befolgen, wobei es keine 100%-ige Sicherheit gibt.

  • Hätte ich meine Routinen eingehalten, wäre ich anders abgeflogen und hätte einen schönen Flugtag gehabt. Die Außenlandung war absolut vermeidbar.
  • Als eine Landung dann unvermeidlich wurde, hätte ich mich nur an meine Regeln halten müssen und wäre sicher auf dem Oberemser Platz gelandet.
  • Die Beachtung meiner Regel Nr. 1 machte dann aber zumindest eine kontrollierte Landung auf dem Acker möglich.

Ein großes Dankeschön geht an Ralf, der es möglich machte, dass die LS8 so schnell wieder zur Verfügung stand. Vielen Dank auch an alle übrigen Helfer.

Ich habe versucht, alles so objektiv und ausführlich wie möglich zu schildern. Solltet Ihr aber noch Fragen haben oder etwas nicht verstehen, fragt mich am besten direkt – ich war dabei.

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