Gespräch mit Hans-Werner Feder zur Ehrung am 12. Mai

„Ich konnte die Polizeisirenen von der A5 nicht mehr ertragen“ sagte der Arzt Hans-Werner Feder. Der heute 83-jährige aus Kassel hatte vor 50 Jahren 1967 mit einem privaten Modellversuch die Tauglichkeit von Hubschraubern für die Versorgung von Unfallopfern nachgewiesen. Für diese Einsätze vom Flugplatz des Luftsportclubs Bad Homburg am Erlenbach aus wird er dort in einer Feierstunde am Samstag, 12.Mai geehrt.

Allgemeinarzt Feder hatte damals in Obermörlen eine Praxis und war fast täglich mit dem Leid von Unfallopfern auf der nahen Autobahn konfontiert. „Ich machte die Erfahrung, dass wir mit dem Rettungswagen oft 30 Minuten und mehr zum Unfallort brauchten und viele Schwerverletzte nicht mehr rechtzeitig versorgt werden konnten“ erzählte Feder. Ein für den Streckenabschnitt Bad Homburger Kreuz bis Reiskirchener Dreieck zuständiger Polizist erlebte ebenfalls die Ohnmacht oft zu spät zu kommen, was ihn seelisch stark belastete. Der brachte Feder auf die Idee: „Was wäre, wenn man in der Luft direkt zum Unfallort fliegen könnte, um das Opfer erstzuversorgen, bevor es mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren wird?“ Zusammen mit den Piloten Franz Hartmannsberger, der den in Reichselheim stationierten zweisitzigen Hubschrauber Brantly B2B flog, organisierte Feder auf private Iniative einen Feldversuch: Vom 11. August bis zum 1. September wurde der „fliegende Doktor“ (Feder war praktizierender Arzt ohne Doktortitel) von der Hessischen Polizei zu insgesamt 52 Einsätzen alarmiert. Bereits am 11. August erfolgte der erste Einsatz und man war zwischen neun und 14 Minuten vor Ort!

„Die Zusammenarbeit mit der Polizei war sehr nett, ich wurde da mit offenen Armen ampfangen. Am Flugplatz hatten wir in einem Wohnwagen eine Funkstation eingerichtet und in einem VW-Bulli ein Tanklager.“ Auch der Luftsportclub sei sehr kooperativ gewesen – während der Hubschrauberflüge wurde immer der Segelflugbetrieb eingestellt. Viel erzählen kann Feder, der nicht nur mutig war – seine Privatinitiative stieß nicht bei allen Profis der Rettungsbranche auf Gegenliebe – sondern auch erfinderisch: „Finanziert haben wird die Flüge unter anderem mit einer 10000 DM-Spende aus der Versicherungswirtschaft. Einer meiner Patienten war Versicherungsvertreter und der machte seinem Arbeitgeber klar, dass die Prämie für einen Unfalltoten mit 200000 DM doppelt so hoch war, wie bei einem verletzt Überlebenden.“

Erst ab Ende 1970 begann in Deutschland langsam der Aufbau einer professionell betriebenen Rettungshubschrauber-Flotte (Christoph 1 in München). „Wenigstens 2000 bis 3000 Menschenleben könnten von den 17000 Toten, die der moderne Verkehr auf unseren überfüllten Straßen auch in diesem Jahr fordern wird, gerettet werden“ prognostizierte Feder 1967. Seine wagemutige Prophezeihung erfüllte sich – heute sterben auf Deutschlands Straßen „nur“ noch 3200 Menschen. Ein Ergebnis verbesserter Fahrzeugsicherheit, aber vor allem das Verdienst der weltbesten Luftrettung, für die Feder damals den Grundstein gelegt hat. Heute gibt es ein flächendeckendes Netz von 76 Stationen. Moderne Doppelturbinen-Hubschrauber befördern Notarzt und Rettungsassistenten. Sie fliegen Unfallopfer direkt ins Krankenhaus. In einem 35-Kilmeter Radius sind die Hubschrauber in nur zehn Minuten vor Ort, für 53 Kilometer benötigen sie 15 Minuten.

Die Ehrung findet am Samstag, 12.Mai um 14 Uhr auf dem Fluggelände statt. Dabei wird am Tower ein Plakette enthüllt, die dauerhaft an die Pioniertat Feders erinnern wird. Neben Neu-Anspachs Bürgermeister Thomas Pauli und Ehrengästen werden zwei der aktuellen Rettungshubschrauber landen, wozu auch die Bevölkerung willkommen ist.

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